Endlich, das neue Jahr ist da! Jetzt wird hoffentlich alles besser! – Ein Gedanke, den wir zu Beginn eines neuen Jahres oft haben. So unterschiedlich wir unser vergangenes Jahr erlebt und gestaltet haben, verbindet uns doch immer der Wunsch nach einer Perspektive, danach, dass Gutes bleibt und Unliebsames sich wandelt. Aber was wäre, wenn wir uns einfach dem hingeben, was jetzt in diesem Moment ist.
Besonders zum Jahresanfang versuchen wir das Morgen vorherzusehen, zu gestalten oder sogar zu kontrollieren. Wir schmieden vage und konkrete Pläne und definieren erreichbare und unerreichbare Ziele. So können wir zum Beispiel planen, dass wir in diesem Jahr unser gespartes Geld für die Renovierung des Wohnzimmers einsetzen, machen Zeit- und Budgetpläne, die wir aufgrund unserer Erfahrungen gut einschätzen können. Aber wir formulieren auch Vorsätze, nehmen uns Dinge vor, die wir bisher nicht erreicht haben und geben Träumen und Hoffnungen eine Deadline. Vielleicht stellt sich das berauschende Gefühl der Selbstermächtigung ein – hätte, könnte, würde – und so ziehen wir in Luftschlösser ein.
Nun ist es aber häufig mit Vorsätzen so, dass wir uns hier großzügig einen Wunscholymp bauen, der praktisch kaum zu erklimmen ist. Und plötzlich fühlen wir uns gestresst – dabei sollte doch dieses Jahr alles anders werden.
Was ist wirklich, was unwirklich? Was ist dauerhaft und was ist vergänglich?
Seit vielen Jahren studiere ich die Yogaphilosophie, suche Rat und werde fündig. Ich erinnere mich an die Eigenschaften, die ein*e Yogaschüler*in etablieren soll, um sich von seinen stressfördernden Einschränkungen zu befreien. Dazu gehören vairagya und viveka: vairagya besagt, dass ein Leben im Außen nicht glücklich macht. Dass wir Erfüllung nicht finden, indem wir mehr Geld verdienen, endlich den richtigen Partner/die richtige Partnerin treffen oder die gewünschte Anerkennung erfahren. Es spricht nichts dagegen, all diese Wünsche zu haben und sich auch zu erfüllen, aber wir müssen erkennen, dass wir uns nicht an die Wünsche binden und auch akzeptieren, dass nichts von Dauer ist oder verzweifeln, wenn sie sich nicht erfüllen. Menschen sind freundlich und manchmal weniger freundlich. Erfahrungen mit Partnerin und Partner sind mal schön und vielleicht auch mal weniger schön. Im Beruf gibt es mal Erfolg und mal weniger Erfolg. Wir bemühen uns, schöne Erfahrungen zu machen. Wir bemühen uns, im Beruf Erfolg zu haben. Wir bemühen uns, in der Beziehung liebevoll und freundlich zu sein. Aber wir wissen, dass es nie dauerhaft möglich sein wird. Es kommt und es geht.
So sollte unsere Lebensfreude nicht an Wünschen haften. Um das zu erkennen, können wir viveka üben: die Unterscheidungskraft. Hier können wir lernen, zwischen dem zu unterscheiden, was von außen gefordert wird und dem, was wir innen brauchen. Wir lernen zu unterscheiden zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen; wir werden zu*m Beobachter*in, wechseln auch mal die Perspektive und laden Humor in unser Leben ein.
Wie wäre es, wenn du mit einem bewussten Beobachten in das neue Jahr startest? Wenn du dem Zauber und der Magie eines Anfangs einen Raum gibst? Wenn du dir das Beobachten zum Werkzeug machst, um Mut und Zuversicht zu schöpfen?
"Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern, in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben."
Hermann Hesse
Endlich, das neue Jahr ist da! Jetzt wird hoffentlich alles besser! – Ein Gedanke, den wir zu Beginn eines neuen Jahres oft haben. So unterschiedlich wir unser vergangenes Jahr erlebt und gestaltet haben, verbindet uns doch immer der Wunsch nach einer Perspektive, danach, dass Gutes bleibt und Unliebsames sich wandelt. Aber was wäre, wenn wir uns einfach dem hingeben, was jetzt in diesem Moment ist.
Besonders zum Jahresanfang versuchen wir das Morgen vorherzusehen, zu gestalten oder sogar zu kontrollieren. Wir schmieden vage und konkrete Pläne und definieren erreichbare und unerreichbare Ziele. So können wir zum Beispiel planen, dass wir in diesem Jahr unser gespartes Geld für die Renovierung des Wohnzimmers einsetzen, machen Zeit- und Budgetpläne, die wir aufgrund unserer Erfahrungen gut einschätzen können. Aber wir formulieren auch Vorsätze, nehmen uns Dinge vor, die wir bisher nicht erreicht haben und geben Träumen und Hoffnungen eine Deadline. Vielleicht stellt sich das berauschende Gefühl der Selbstermächtigung ein – hätte, könnte, würde – und so ziehen wir in Luftschlösser ein.
Nun ist es aber häufig mit Vorsätzen so, dass wir uns hier großzügig einen Wunscholymp bauen, der praktisch kaum zu erklimmen ist. Und plötzlich fühlen wir uns gestresst – dabei sollte doch dieses Jahr alles anders werden.
Seit vielen Jahren studiere ich die Yogaphilosophie, suche Rat und werde fündig. Ich erinnere mich an die Eigenschaften, die ein*e Yogaschüler*in etablieren soll, um sich von seinen stressfördernden Einschränkungen zu befreien. Dazu gehören vairagya und viveka: vairagya besagt, dass ein Leben im Außen nicht glücklich macht. Dass wir Erfüllung nicht finden, indem wir mehr Geld verdienen, endlich den richtigen Partner/die richtige Partnerin treffen oder die gewünschte Anerkennung erfahren. Es spricht nichts dagegen, all diese Wünsche zu haben und sich auch zu erfüllen, aber wir müssen erkennen, dass wir uns nicht an die Wünsche binden und auch akzeptieren, dass nichts von Dauer ist oder verzweifeln, wenn sie sich nicht erfüllen. Menschen sind freundlich und manchmal weniger freundlich. Erfahrungen mit Partnerin und Partner sind mal schön und vielleicht auch mal weniger schön. Im Beruf gibt es mal Erfolg und mal weniger Erfolg. Wir bemühen uns, schöne Erfahrungen zu machen. Wir bemühen uns, im Beruf Erfolg zu haben. Wir bemühen uns, in der Beziehung liebevoll und freundlich zu sein. Aber wir wissen, dass es nie dauerhaft möglich sein wird. Es kommt und es geht.
Was ist wirklich, was unwirklich? Was ist dauerhaft und was ist vergänglich?
So sollte unsere Lebensfreude nicht an Wünschen haften. Um das zu erkennen, können wir viveka üben: die Unterscheidungskraft. Hier können wir lernen, zwischen dem zu unterscheiden, was von außen gefordert wird und dem, was wir innen brauchen. Wir lernen zu unterscheiden zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen; wir werden zu*m Beobachter*in, wechseln auch mal die Perspektive und laden Humor in unser Leben ein.
Wie wäre es, wenn du mit einem bewussten Beobachten in das neue Jahr startest? Wenn du dem Zauber und der Magie eines Anfangs einen Raum gibst? Wenn du dir das Beobachten zum Werkzeug machst, um Mut und Zuversicht zu schöpfen?
"Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern, in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben."
Hermann Hesse
©2019, Alexandra Gomez. Alle Rechte vorbehalten.